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Paula, die noch immer von der Erinnerung an jenen einen Tanz mit Beuthien zehrte, hatte auf ihrem Schulweg ihren T?nzer getroffen. Er hatte ihr von seinem Bock herab freundlich zugenickt, und sie hatte seinen Gru? kokett erwidert.
"Kennst Du den?" fragten drei, vier Stimmen zugleich, und ihre
Freundinnen dr?ngten sich neugierig an sie.
"Was sollt ich den nich kennen. Ich bin sogar mit ihm zu Tanz gewesen," erz?hlte sie.
"Das lügst Du," riefen die andern wie aus einem Munde.
"Das ist doch wahr," behauptete Paula. "Fragt ihn doch."
Ungl?ubig trennte man sich.
Paula lechzte seitdem nach einer Wiederholung des wundersch?nen
Walzers. Aber wie sollte sie es anstellen? Zum Ausrei?en hatte sie schon
Mut, aber wenn man sie dort s?he, es ihrem Vater hinterbr?chte?
Sie suchte mit Beuthien n?her bekannt zu werden. Sie nickte ihm zuerst zu, wo sie ihn sah. Traf sie ihn vor seinem Stall beim Spülen der Droschken oder bei sonstiger Besch?ftigung, so blieb sie keck stehen und redete ihn an.
Das erste Mal hatte er im Scherz mit der tropfenden Bürste nach ihr gespritzt. "Nu haben Sie mir meine reine Schürze na? gemacht," schalt sie ihn und zog schmollend ab. Aber schon am n?chsten Tag dachte sie, ob er mich wohl wieder spritzt, und gesellte sich vorsichtig zu ihm.
Eigentlich hatte sie schon jemand, mit dem sie "ging", einen dreizehnj?hrigen Lümmel von Jungen, einen Schüler der Mittelschule. Aber Bernhard Prü?nitz konnte nicht mit ihr zu Tanz gehen. So machte sie sich keine Gewissensbisse daraus, sich neben dem, mit dem sie "ging," noch eines andern zu versichern, mit dem sie "tanzte."
Beuthien amüsierte sich über das Kind. Heimlich that es ihm auch wohl, da? jemand aus dem Behnschen Hause seine Freundschaft suchte. Er fragte Paula aus und freute sich, wenn die Kleine auf Lulu schalt.
"Tanzt Deine Schwester auch," fragte er sie, als sie wieder seinem
Reinigungswerk auf der Stra?e zusah.
"Und ob," war die Antwort. "Sie thut man immer so etepetete, aber die hat's faustdick hinter den Ohren."
Er lachte.
"Tanzen Sie Mittwoch wieder, Herr Beuthien?" fragte sie nach einer Pause, in der sie mit anscheinend gro?em Interesse beobachtete, wie er das linke Hinterrad der Droschke um seine Axe kreisen lie?, es waschend und schmierend.
"Gewi?, komm man hin, Deern," lachte er, ohne aufzusehen.
"Vor Mutter bin ich nich bange," meinte sie, "aber Lulu, das Uetz, pa?t mir immer auf."
"Dann bring sie mit," scherzte er.
Lulu war entrüstet, als Paula ihr diese Einladung in aller Unschuld überbrachte.
"Das sag' ich Papa," schalt sie. "Du hast solche Dinge im Kopf?"
"Das kannst Du thun," antwortete Paula m?glichst gleichgiltig. "Dann sag' ich Papa, da? Du Anna geschlagen hast."
Lulu lachte laut auf. "Zu kindlich."
Am Abend fragte sie die Schwester leise, im Vorübergehen: "Paula, ist es wirklich wahr, mit Beuthien?"
"Was denn?"
"Ach Du wei?t ja, was ich meine."
"Ich lüg nicht so wie Du."
Zu jeder andern Zeit w?re Paulas Frechheit nicht ohne Erwiderung geblieben. Diesmal h?rte Lulu sie kaum.
Eine halbe Stunde sp?ter war es Paula, die im Wohnzimmer leise hinter dem Rücken der Schwester auf die Sache zurückkam. "Wenn Du's Vater sagst, hau ich Dich," flüsterte sie.
Jetzt h?tte Lulu gar zu gerne die geh?rige Antwort gegeben, aber um die
Mutter nicht aufmerksam zu machen, mu?te sie auch diese angenehme
Er?ffnung stillschweigend entgegennehmen.
Im Grunde war Lulu das Treiben der Schwester h?chst gleichgiltig. Ihr jetzt etwas in den Weg zu legen, sie sich zu verfeinden, w?re obendrein unklug gewesen. Stand Paula mit Beuthien auf vertrautem Fu?, konnte sie ihr vielleicht noch gute Dienste leisten.
Am Sonnabend kam ein Brief der Altonaer Freundin, der Lulu zum Geburtstag einlud und besonders betonte, den Hausschlüssel nicht zu vergessen. Man wolle recht vergnügt sein, und es würde voraussichtlich sp?t werden.
"Dat is doch nett von Lene Kr?ger, dat se noch an Di denkt," meinte Mutter Behn. "Se war immer so'n lütt angh?nglich Deern. Wat schenkst Du ehr denn?"
Lulu entschlo? sich zu einem Bouquet und einer Tafel Vanillechocolade, die Lene so sehr liebte, wie sie sagte.