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Ich kam von meiner Herrin Haus
Und wandelt in Wahnsinn und Mitternachtgraus.
Und wie ich am Kirchhof vorьbergehn will,
Da winken die Grдber ernst und still.
Da winkts von des Spielmanns Leichenstein;
Das war der flimmernde Mondesschein.
Da lispelts: Lieb Bruder, ich komme gleich!
Da steigts aus dem Grabe nebelbleich.
Der Spielmann war's, der entstiegen jetzt,
Und hoch auf den Leichenstein sich setzt.
In die Saiten der Zither greift er schnell,
Und singt dabei recht hohl und grell:
Ei! kennt ihr noch das alte Lied,
Das einst so wild die Brust durchglьht,
Ihr Saiten dumpf und trьbe?
Die Engel, die nennen es Himmelsfreud,
Die Teufel, die nennen es Hцllenleid,
Die Menschen, die nennen es: Liebe!
Kaum tцnte des letzten Wortes Schall,
Da taten sich auf die Grдber all;
Viel Luftgestalten dringen hervor,
Umschweben den Spielmann und schrillen im Chor:
Liebe! Liebe! deine Macht
Hat uns hier zu Bett gebracht
Und die Augen zugemacht -
Ei, was rufst du in der Nacht?
So heult es verworren, und дchzet und girrt,
Und brauset und sauset, und krдchzet und klirrt;
Und der tolle Schwarm den Spielmann umschweift,
Und der Spielmann wild in die Saiten greift:
Bravo! bravo! immer toll!
Seid willkommen!
Habt vernommen,
Daя mein Zauberwort erscholl!
Liegt man doch jahraus, jahrein
Mдuschenstill im Kдmmerlein;
Laяt uns heute lustig sein!
Mit Vergunst -
Seht erst zu, sind wir allein? -
Narren waren wir im Leben
Und mit toller Wut ergeben
Einer tollen Liebesbrunst.
Kurzweil kann uns heut nicht fehlen,
Jeder soll hier treu erzдhlen,
Was ihn weiland hergebracht,
Wie gehetzt,
Wie zerfetzt
Ihn die tolle Liebesjagd.
Da hьpft aus dem Kreise, so leicht wie der Wind,
Ein mageres Wesen, das summend beginnt:
Ich war ein Schneidergeselle
Mit Nadel und mit Scher;
Ich war so flink und schnelle
Mit Nadel und mit Scher;
Da kam die Meisterstochter
Mit Nadel und mit Scher;
Und hat mir ins Herz gestochen
Mit Nadel und mit Scher.
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Ein Zweiter trat still und ernst hervor:
Den Rinaldo Rinaldini,
Schinderhanno, Orlandini,
Und besonders Carlo Moor
Nahm ich mir als Muster vor.
Auch verliebt - mit Ehr zu melden -
Hab ich mich, wie jene Helden,
Und das schцnste Frauenbild
Spukte mir im Kopfe wild.
Und ich seufzte auch und girrte;
Und wenn Liebe mich verwirrte,
Stecht ich meine Finger rasch
In des Herren Nachbars Tasch.
Doch der Gassenvogt mir grollte,
Daя ich Sehnsuchtstrдnen wollte
Trocknen mit dem Taschentuch,
Das mein Nachbar bei sich trug.
Und nach frommer Hдschersitte
Nahm man still mich in die Mitte,
Und das Zuchthaus, heilig groя,
Schloя mir auf den Mutterschoя.
Schwelgend sья in Liebessinnen,
Saя ich dort beim Wollespinnen,
Bis Rinaldos Schatten kam
Und die Seele mit sich nahm.
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Geschminkt und geputzt trat ein Dritter hervor:
Ich war ein Kцnig der Bretter
Und spielte das Liebhaberfach,
Ich brьllte manch wildes: Ihr Gцtter!
Ich seufzte manch zдrtliches: Ach!
Den Mortimer spielt ich am besten,
Maria war immer so schцn!
Doch trotz der natьrlichsten Gesten,
Sie wollte mich nimmer verstehn. -
Einst, als ich verzweifelnd am Ende:
"Maria, du Heilige!" rief,
Da nahm ich den Dolch behende -
Und stach mich in biяchen zu tief.
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Im weiяen Flausch trat ein Vierter hervor:
Vom Katheder schwatzte herab der Professor,
Er schwatzte, und ich schlief gut dabei ein;
Doch hдtt mirs behagt noch tausendmal besser
Bei seinem holdseligen Tцchterlein.
Sie hat mir oft zдrtlich am Fenster genicket,
Die Blume der Blumen, mein Lebenslicht!
Doch die Blume der Blumen ward endlich gepflьcket
Vom dьrren Philister, dem reichen Wicht.
Da flucht ich den Weibern und reichen Halunken,
Und mischte mir Teufelskraut in den Wein,
Und hab mit dem Tode Smollis getrunken, -
Der sprach: Fiduzit, ich heiяe Freund Hein!
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Einen Strick um den Hals, trat ein Fьnfter hervor:
Es prunkte und prahlte der Graf beim Wein
Mit dem Tцchterchen sein und dem Edelgestein.
Was schert mich, du Grдflein, dein Edelgestein?
Mir mundet weit besser dein Tцchterlein.
Sie lagen wohl beid unter Riegel und Schloя,
Und der Graf besold'te viel Dienertroя.
Was scheren mich Diener und Riegel und Schloя? -
Ich stieg getrost auf die Leitersproя.
An Liebchens Fensterlein klettr ich getrost,
Da hцr ich es unten fluchen erbost:
"Fein sachte, mein Bьbchen, muя auch dabei sein,
Ich liebe ja auch das Edelgestein."
So spцttelt der Graf und erfaяt mich gar,
Und jauchzend umringt mich die Dienerschar.
"Zum Teufel, Gesindel! ich bin ja kein Dieb;
Ich wollte nur stehlen mein trautes Lieb!"
Da half kein Gerede, da half kein Rat,
Da machte man hurtig die Stricke parat;
Wie die Sonne kam, da wundert sie sich,
Am hellen Galgen fand sie mich.
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Den Kopf in der Hand, trat ein Sechster hervor:
Zum Weidwerk trieb mich Liebesharm;
Ich schlich umher, die Bьchs im Arm.
Da schnarrets hohl vom Baum herab,
Der Rabe rief: Kopf - ab! Kopf - ab!
O, spьrt ich doch ein Tдubchen aus,
Ich brдcht es meinem Lieb nach Haus!
So dacht ich, und in Busch und Strauch
Spдht ringsumher mein Jдgeraug.
Was koset dort? was schnдbelt fein?
Zwei Turteltдubchen mцgens sein.
Ich schleich herbei, - den Hahn gespannt, -
Sieh da! mein eignes Lieb ich fand.
Das war mein Tдubchen, meine Braut,
Ein fremder Mann umarmt sie traut -
Nun, alter Schьtze, treffe gut!
Da lag der fremde Mann im Blut.
Bald drauf ein Zug mit Henkersfron -
Ich selbst dabei als Hauptperson -
Den Wald durchzog. Vom Baum herab
Der Rabe rief: Kopf - ab! Kopf - ab!
Da lachten die Geister im lustigen Chor;
Da trat der Spielmann selber hervor:
Ich hab mal ein Liedchen gesungen,
Das schцne Lied ist aus;
Wenn das Herz im Leibe zersprungen,
Dann gehen die Lieder nach Haus!
Und das tolle Gelдchter sich doppelt erhebt,
Und die bleiche Schar im Kreise schwebt.
Da scholl vom Kirchturm "Eins" herab,
Da stьrzten die Geister sich heulend ins Grab.