Chapter 9 No.9

An einem furchtbar hei?en Augusttage wanderte ein Franziskaner-Frater auf Terminierung (Almosen-Sammlung) schwerbepackt einem Wirtshause zu, das am Fu?e des dichtbewaldeten Gei?berges bei Salzburg gelegen war. Der Bettelm?nch keuchte unter der Last seines mit Getreide, Mehl und Speck gefüllten, m?chtigen Sackes, und au?erdem trug der krank aussehende Frater statt eines Stockes einen kleineren Sack in der Hand, der eine lebende Spende irgend eines frommen Bauers enthalten mochte, denn bei jedem Schritt zappelte das Lebewesen im Sack.

Und so oft der Bruder unwillig den Sack schüttelte, quieckste das Almosen aus Leibeskr?ften, wasma?en die Spende ein Spanferkel war. Jener ?lpler in der Kuchler Gegend konnte dem terminierenden Klosterbruder Hartgeld nicht geben, weil er selbst keines besa?, er spendete eben vom Ferkelüberflu?, der ihm geworden, in der Meinung, da? die Franziskaner zu Salzburg zur Abwechslung wohl gewi? gerne mal einen Ferkelbraten essen würden.

Der Frater nahm das lebende Almosen dankend in einem Sack mit und schleppte sich schwerbepackt weiter gegen Salzburg. Unweit des Wirtshauses am Fu?e des Gei?berges aber ward die Müdigkeit zu gro?, der Bruder zitterte am ganzen Leibe, kalter Schwei? trat ihm auf die Stirne trotz der überm??igen Hitze, st?hnend mu?te der Frater am Stra?enrain sich setzen, es ging nicht mehr weiter. Das Spanferkel quieckste schrecklich und versuchte im Sack die Flucht.

Angelockt von solchem L?rm erschien der Wirt der nahen Schenke vor der Schwelle und hielt Auslug. Kaum hatte der beh?bige Zapfler den blassen, müden M?nch erblickt, da schritt er auf ihn auch schon zu, um helfend beizuspringen.

?Was fehlt Euch, Bruder? Ihr sehet ba? übel aus!"

Der Frater st?hnte, mit Mühe brachte er heraus, da? ihm eine unerkl?rliche Krankheit angeflogen sein müsse. ?Reichet mir barmherzig einen Schluck Weines, Gott wird Euch die Gutthat lohnen!"

?Sollt Ihr haben! Kommt nur mit in die Stube! La?t mich die S?cke tragen! Ihr habet wohl eine Spansau mit?"

Der Klosterbruder nickte und bat, es m?ge der Wirt das Ferkel im Stall einstweilen einstellen und füttern bis zur Abholung.

?Gern soll das geschehen!" sprach der m?nchefreundliche Wirt und trug den Sack mit dem Ferkel zum Stall. Auf Gehei? des Zapflers holte eine Dirn den andern gro?en Sack, und so von der Traglast befreit, vermochte der Frater allein und ohne Hilfe die Gaststube zu erreichen, wo ihm ein Humpen Weines gereicht wurde.

Ein Stündlein Ruhe und der kr?ftigende Wein halfen dem armen Bruder wieder auf die Beine, soda? er nach Erstattung herzlichen Dankes den Terminierungssack wieder auf die Schulter zu nehmen und gen Salzburg zu wandern vermochte. Das eingestellte Ferkel will er auf neuer Terminierung gelegentlich wieder holen.

In der Hitze war es ein schlimmes Wandern; schon nach einer Stunde

fühlte sich der Klosterbruder abermals matt zum Sterben, und in der

Meinung, es gehe zu Ende, setzte er sich an den Stra?enrain und machte

Reu' und Leid, die Sterbgebete flüsternd.

Ein B?uerlein kam des Weges mit einem Fuhrwerk und sprach den armen Bettelm?nch mitleidig an, der todesbleich, ein mit dem Tode ringender Mensch, bat, es m?ge der Bauer ihn um Gottes Lohn ins Franziskanerkloster nach Salzburg bringen.

Den Sack mit den Naturalien hatte der Bauer flink aufgeladen, schwieriger ward es mit dem Bruder, der die Gewalt über seine Gliedma?en bereits verloren hatte. So blieb dem barmherzigen Bauer nichts anderes übrig, als den Frater gleich einem Getreidesack auf den Wagen zu legen.

Dann ward in die Stadt gefahren, und am Steinthor angehalten, gab der Fuhrmann der Thorwache an, er habe einen kranken Franziskaner im Wagen benebst dessen Almosensack.

Der Türmer, ein vorsichtiger Mann, trug Bedenken, einen Kranken in die Stadt zu lassen, wasma?en allerlei beunruhigende Nachrichten umlaufen vom Herrschen der Pest in Hallein. Auf die Frage, was denn dem Klosterbruder fehle, konnte der Bauer nur versichern, da? er das nicht wisse, wahrscheinlich werde dem Frater die Gesundheit fehlen.

Der Türmer trat an den Wagen und fragte den Bruder, dessen Augen schon fast glasig geworden, ob der Frater wirklich ins Salzburger Kloster geh?re.

?Freilich, das hat er mir ja selber gesagt!" beteuerte der Bauer, dem es pressierte, in die Stadt zu kommen.

?Ja, wenn der Kranke nach Salzburg geh?rt, mu? er wohl eingelassen werden!" argumentierte der W?chter und gab die Einfahrt frei.

Bis das Fuhrwerk die enge Steingasse durchfahren, die Salzach auf der Brücke übersetzt und die Klosterpforte erreicht hatte, war der Frater bereits verstorben, der Bauer konnte nur mehr einen toten Mann abliefern.

Rasch trugen die Fraters den Toten ins Kloster, der Bauer folgte rasch mit dem Almosensack, aus welchem der ob der entsetzlichen Hitze weich gewordene Speck tropfte. Die Schreckenskunde, da? ein Frater vom Terminieren tot heimgekommen, alarmierte das Kloster, und ein heilkundiger Pater eilte sogleich herbei, um am Leichnam vielleicht ein Zeichen für die Todesart zu finden. Erschrocken prallte der kl?sterliche Medikus zurück und rief: ?Gro?er Gott! Ein Pestfall!"

Das h?rte der Bauer, welcher bislang neugierig im Kloster und bei der Leiche geblieben war, und mit rasenden S?tzen flüchtete der Mann nun hinweg, sprang auf sein Gef?hrt und jagte das Ro? unter Peitschenhieben dem Einstellhause zu.

Die rasende Fahrt mu?te auffallen, zumal schon das Trabfahren in den engen Gassen verboten ist, und am Keutschachhofe fielen einige Trabanten dem Ro? in die Zügel und brachten es zum Stehen.

?Auslassen, auslassen! Die Pest, die Pest!" zeterte der entsetzte Bauer, und scheu wichen die Trabanten von dem Gef?hrt hinweg.

Mit Windeseile verbreitete sich die Kunde von dem eingeschleppten

Pestfalle, überall Schrecken und Todesangst erzeugend.

W?hrend man im Rathause noch nicht wu?te, was beginnen, hatte Wolf Dietrich bereits mit seiner Energie eingegriffen. Ein Offizier mit zahlreicher Mannschaft rückte im Eilmarsch vor das Franziskaner-Kloster und überbrachte den Befehl des Erzbischofes, wonach binnen einer Stunde alle Bewohner des Klosters, eingeschlossen den an der Pest verstorbenen Frater, das Haus verlassen und zu Schiff auf der Salzach wegfahren müssen.

Wohl protestierte der Guardian, die M?nche baten, den Frater doch vorher beerdigen zu dürfen; allein der Offizier beharrte auf dem ihm gewordenen Befehl, und als die M?nche keinerlei Miene zum Abrücken machten, erkl?rte der Offizier, nun Gewalt zu brauchen. Die Helebardiere, auch Musketiere darunter, drangen in die Klosterr?ume, es ward bitterer Ernst. Wie die M?nche standen, mu?ten sie abziehen, nichts durfte mitgenommen werden von den kleinen, bescheidenen Habseligkeiten, nur den Toten mu?ten die Fraters auf der Bahre wegtragen.

Von den Kriegsknechten eskortiert, wurden die Franziskaner im Eilmarsch zur Salzach getrieben, wo auf fürstlichen Befehl ein Salzschiff zur Fahrt bereit stand. Leer blieb das Kloster, dessen Pforte verschlossen worden war.

Der Transport erregte Erbitterung bei den m?nchefreundlichen Bürgern, doch hielt die Angst vor der Pest und Ansteckungsgefahr die Leute ab, sich einzumengen.

Die Franziskaner jammerten, als sie gezwungen wurden, die Pl?tte zu besteigen, laut und beweglich, aber es nützte nichts.

Die Schiffsknechte, wenig davon erbaut, einen an der Pest Verstorbenen an Bord zu haben, zogen das L?ndseil ein, und stie?en ab. Von den Wellen erfa?t, drehte sich das breite Schiff und glitt dann, gut gesteuert, schnell hinab. Die M?nche beteten laut....

Scharf griff der Fürst weiter ein. Schergen fahndeten nach dem Bauer, der den toten Bettelm?nch in die Stadt verbracht, und lieferten ihn in ein Haus in der Riedenburg ein, das sofort als Pesthaus isoliert worden war. Bis das aber geschehen konnte, war der Bauer doch schon mit verschiedenen Leuten in Berührung gekommen.

Nach wenigen Tagen gab es Pestf?lle in der Stadt, Angst und Aufregung wuchsen. ?rzte und deren Gehilfen, von Soldaten begleitet, hielten strenge Ordnung, Erkrankte sowie alle Inwohner eines Hauses, wo sich ein Pestkranker befand, wurden zwangsweise aus der Stadt in das Pesthaus in der Riedenburg geschafft, rücksichtslos, unerbittlich wurde dieser Befehl vollzogen, ohne Ansehung der Personen.

Still ward es in Salzburg und hei? über alle Ma?en. Unbarmherzig brannte die Augustsonne herab. Fest geschlossen waren die Thore, der Eintritt in die Bischofstadt blieb verweigert, denn im benachbarten Salzst?dtlein Hallein herrschte ein gro?es Sterben, es hie?, es starben oft an einem Tage vierzig Menschen. Und schrecklich lauteten die Nachrichten, da? die Pest auch im angrenzenden Bayerlande wie im ?sterreichischen viele Opfer fordere.

An fünfzig Personen aus Salzburg starben im Schinderhaus zu Riedenburg.

Auf Befehl des Fürsten mu?ten deren Verwandte wie auch sonstige Inwohner

aus der Stadt auf die Felder verbracht werden und dort verbleiben, die

Rückkehr war aufs strengste verboten.

Gesunde Leute zu Salzburg zwang man, tagsüber auf einige Stunden sich im

Freien zu ergehen, auf da? sie doch etwas an die Luft k?men.

Als die Kunde zu Wolf Dietrich drang, da? die Ausgesto?enen auf den Feldern bittere Not litten, keine Verpflegung h?tten, indem die umwohnenden Bauern in ihrer Angst vor Ansteckung sich weigerten, Nahrung abzugeben und die Leute scheu mieden, da sorgte der Erzbischof sogleich und schickte Atzung jeglichen Tag, auch mu?ten auf seinen Befehl ?rzte und Priester zur Wartung und Pflege der Kranken hinaus.

Endlich umzog sich das Firmament mit Wolken, von den Bergen blies frische Luft, ein Regen erquickte Land und Leute.

Die Salzburger fa?ten wieder Mut und wurden beweglich; Bürger thaten sich zusammen und supplizierten zum Fürsten, es solle der Erzbischof doch nicht so grausam sein und die Kranken im freien Felde belassen oder doch wenigstens auf der Schanz zu Mühlen (Mülln) unter Dach bringen, wofür die Bürgerschaft zur Deckung der Kosten eine Steuer extra zahlen wolle.

Diese Supplikation, haupts?chlich wohl der anma?ende Ton und Undank, erbitterte den Fürsten schwer, es erflo? ein Mandat, worin die Bürger als Aufwiegler und Unruhestifter erkl?rt und mit insgesamt achthundert Gulden Strafe wegen ihrer Ungebühr belegt wurden.

Die kühle Witterung hielt an und brachte Besserung im Krankenstande.

Auf Befehl des Fürsten durften die Exilierten, nachdem die ?rzte hierzu ihre Einwilligung gegeben, wieder ihre Stadtwohnungen beziehen, und auch den Franziskanern wurde die Rückkehr wieder gestattet, deren Kloster vorher v?llig in stand gesetzt worden war. Im ganzen waren zu Salzburg neunzehn H?user infiziert gewesen und etwa fünfzig Personen daraus verstorben. Damit erlosch die Pest in der Bischofsstadt und die Schrecken wichen. Zurück blieb nur der ?rger über die achthundert Gulden Strafe, welche unweigerlich an die Hofkasse gezahlt werden mu?te.

Sp?therbst war ins stiftische Land gezogen, die W?lder prangten in leuchtenden Farben.

Vom Franziskanerkloster wurden die Brüder ein letztes Mal vor dem Winter zum Terminieren ausgeschickt, einmal um für den eigenen Bedarf Vorr?te zu bekommen, dann aber auch nach alter Satzung dieses Ordens Naturalien für die Armenbek?stigung zu erhalten.

Den Frater Anselm traf die Tour auf dem rechtseitigen Salzachufer bis gegen Golling, und mit einem m?chtigen, anjetzo noch leeren Sack zog der Bruder aus um im Oberland mit dem Terminieren zu beginnen.

Viel war im von Steuern, Mi?ernte und der Pest heimgesuchten L?ndchen nicht zu holen, die Gaben flossen sp?rlich.

Auf dem Rückweg von Kuchel gelangte Frater Anselm auch zum Wirt am Gei?berg am sp?ten Abend, und leer war bereits die Zechstube, nur eine Magd wusch h?lzerne Bierbitschen, schon halb schlafend dabei und nicht eben erbaut davon, da? knapp vor Hausthorschlu? noch ein sp?ter Gast eintrat.

Frater Anselm grü?te mit frommen Worten und bat um barmherzige

Beherbergung für Gotteslohn.

Die Dirn guckte erst ein Weilchen, das M?nchhabit schien sie zu beruhigen, und da der Frater sonst keine Wünsche auf Verpflegung ?u?erte, war die Magd bereit, ihm ein dürftig K?mmerlein im niederen ersten Stockwerk anzuweisen. Das Fenster der düsteren Kammer, die au?er einem Fuhrknechtbett nur noch Futters?cke enthielt, ging dem von Mauern umschlossenen Hof zu.

Frater Anselm glaubte ersticken zu sollen in dieser dumpfen Kammer; vom flei?igen Terminieren an frische Luft gew?hnt, war es ihm Bedürfnis, hier das Fenster zu ?ffnen, an dem er nun eine Weile stand und Atem sch?pfte. Totenstill und nachtschwarz war es um ihn. Doch pl?tzlich ward unten im Hof eine Thür ge?ffnet und eine Stimme rief: ?Jackel! Vergi? nicht, morgen gleich in der Früh wird der ?Franziskaner' abg'stochen!"

Und eine andere Stimme antwortete: ?Ist recht, Wirt!"

Todesangst erfa?te den Frater, der jedes Wort geh?rt hat und nichts anderes denken kann, als da? er in eine R?uberh?hle geraten sein müsse und da? man ihm, dem armen Bettelm?nch, ans Leben wolle. Bis zum Morgen darf nicht gewartet werden, Frater Anselm m?chte noch ein Weilchen leben, er mu? fliehen aus dem M?rderhause.

Wie aber entweichen, ohne den M?rdern in die H?nde zu laufen? Ein vorsichtig Betasten des Thürschlosses, der Versuch des Aufklinkens ergab die Gewi?heit, da? der sp?te Gast wahrhaftig eingesperrt ist. Die Magd mu? das Schlo? von au?en versperrt haben.

Ein verabredetes Spiel also! Nun zum Fenster! Aber erst mu? alles im Schlafe liegen. So wartete der M?nch eine lange Zeit, von Todesangst gefoltert, bis andauernde Stille dem Fluchtversuch günstig erschien. Mit zitternden H?nden l?ste der Franziskaner den wei?en Strick von seiner Kutte, knüpfte die Enden ineinander, band das eine Ende am Fensterhaken fest und lie? sich am Strick hinab in den Hof. Gottlob hielt der Kuttenstrick diese Prozedur aus, und zum Glück befand sich kein Hund im Hof. Aber dieser Hof ist ringsum mit einer hohen Mauer umschlossen, das Hofthor ist fest verschlossen, und eine zweite Thür dürfte direkt ins Haus der M?rderbande führen. Also ist der M?nch rettungslos gefangen, eine Flucht unm?glich. Die Nachtk?lte zwingt dazu, einen geschützten Unterschlupf zu suchen. Soll der Franziskaner am Kuttenstrick wieder hinaufklettern und den Rest dieser Schreckensnacht in der Kammer verbringen? Nein, lieber in den Verschlag im Hofe kriechen, der freilich nicht eben einladend duftet. Die Thür ist unverschlossen, also hinein. Am Grunzen der überraschten Bewohner konnte Frater Anselm unschwer erkennen, da? er im Schweinestall sich befindet. Eine mi?liche Unterkunft, die aber vielleicht gerade seiner Rettung dienlich sein kann, denn im Schweinestall werden die M?rder ihr Opfer kaum suchen.

M?hlich beruhigten sich die Borstentr?ger, nur ein Ferkel bekundete

zudringliche Neugierde und lie? erst nach energischen St??en und

Fausthieben von n?heren Untersuchungen des einquartierten Gastes ab.

Zusammengekauert hockte der M?nch im Stall und trotz der fürchterlichen

Angst überfiel ihn eine Art Halbschlummer, die Müdigkeit war zu gro?.

Ein Haushahn kr?hte sein Kickeriki in die frische Morgend?mmerung und weckte den Franziskaner zur rauhen Wirklichkeit. Und bald darauf ward es lebendig im Hause. Eine Thür wurde ge?ffnet, Menschen traten in den Hof, und in n?chster N?he des Schweinestalles rief eine Stimme, bei deren Ton der M?nch erzitterte: ?Also Jackel, fang den ?Franziskaner' 'raus und hau' ihm gleich mit der Hack' auf den Sch?del!"

Frater Anselm fühlte sein Herz stille stehen, von Todesangst erfa?t murmelte er ein Sto?gebet zum Himmel und empfahl seine Seele der g?ttlichen Barmherzigkeit.

Die Thür zum Schweinestall ward aufgerissen, und im selben Augenblick fa?te der M?nch blitzschnell den Entschlu?, durch vehemente Flucht sich durchzuschlagen, den ersten der M?rder niederzusto?en. Gedacht, gethan, der Franziskaner prasselte aus dem Stall heraus wie ein Ungewitter und warf den Knecht über den Haufen.

?Hui!" schrie der entsetzte Wirt, der am Boden liegende zappelnde Knecht zeterte über Mord und Totschlag. Auch der Franziskaner schrie in seiner Todesangst und rannte wie besessen dem Hofthor zu.

Alle Hausinsassen kamen ob des L?rmes herbeigesprungen. Der Wirt, bleich wie der Tod, zitterte wie Espenlaub und richtete Beschw?rungsworte an den Franziskaner, der schreckerstarrt an der Hofmauer stand und die Sterbgebete murmelte. Durch die offene Stallthüre aber hüpften die Schweine heraus, quiecksend und schreiend den Wirrwarr im Geh?ft vermehrend.

?Bist du ein Geist oder der Teufel in Verkleidung?" schrie der Wirt und machte das Kreuzzeichen gegen den M?nch.

Frater Anselm fa?te augenblicklich Mut; wer das Kreuzeszeichen macht, kann kein M?rder sein. Er rief: ?Im Namen Gottes des Herrn frag' ich Euch: Was wollet ihr von meinem Leben?"

?Seid Ihr ein Geist oder ein sterblicher Mensch?"

?Ich bin ein Franziskanerbruder, also ein Mensch!" Jetzt ?nderte sich die verworrene Situation sofort; der Wirt gestand, da? er ein Ferkel, das vor geraumer Zeit ein Bettelm?nch eingestellt, ?Franziskaner" genannt und gestern Auftrag gegeben habe, dieses Franziskaner-Ferkel abzuschlachten. Wie nun statt dieses Ferkels ein Kuttenm?nch aus dem Schweinestall herausgesprungen sei, habe er nicht anders geglaubt, als da? wegen des begangenen Frevels, ein Schwein ?Franziskaner" genannt zu haben, das Ferkel in einen Bettelm?nch verwandelt und ein Geist geworden sei.

Flink nützte Frater Anselm die Lage aus, indem er gewaltig über solchen

Frevel loszog und die Strafe Gottes in n?chste Aussicht stellte.

Die Strafpredigt zwang den verdatterten Wirt in die Kniee, reuig bat er um Verzeihung und gelobte das aufgefütterte Ferkel sogleich dem Franziskanerkloster zurückstellen zu wollen.

Mehr konnte Frater Anselm nicht verlangen und schlie?lich lachte er über die ausgestandene Angst und sein Mi?geschick, und die Geh?ftbewohner lachten tapfer mit. Das Franziskaner-Ferkel wurde eingefangen und gebunden, dann mu?te Frater Anselm sich bewirten lassen, und schlie?lich ward angespannt, der Wirt fuhr den M?nch mit dem Terminiersack und dem schreienden Ferkel nach Salzburg ins Franziskanerkloster.

Wenn ein Umstand den Wirt etwas beklommen machte, war es die Mitteilung, da? jener Franziskaner, der das Spanferkel eingestellt hatte, an der Pest verstorben sei.

Der Gedanke an die damalige Ansteckungsgefahr lie? den Wirt nachtr?glich erschauern. Indes die Seuche ist seit Monaten erloschen, es hat keine Gefahr mehr, und anstandslos durfte der Wirt durch das Stadtthor einfahren.

Im Kloster lachte man weidlich über diese Franziskanergeschichte, und weil das Ferkel so pr?chtig aufgefüttert worden war, verübelte man dem Wirt den Unterschlagungsversuch nicht weiter, zumal er ja nicht wissen konnte, da? jener anspruchsberechtigte M?nchsbruder mit Tod abgegangen war. Fürder wurde besagter Wirt einer der eifrigsten Almosenspender für die wackeren Franziskaner und allj?hrlich lieferte er dem Kloster aus eigenem Antrieb ein Ferkel zur Sühne.

            
            

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